Auch in diesem Jahr wollten wir wieder zu einer größeren Radtour aufbrechen. Das Wetter machte eine langfristige Planung unmöglich. Relativ spontan sind wir dann am 7.7. nach Bremen gefahren, die Räder auf dem Dach. Ich fand die Deutsche Fährstraße sehr interessant und absolut für Genussradler geeignet. Leider war sie mit insgesamt 230 km etwas zu kurz geraten. Deshalb ergänzte ich die Route um ein kleines Stück aus der Radtour „Vom Teufelsmoor zum Wattenmeer“ (ca. 75 km). Der Plan war, von Lilienthal im Norden von Bremen nach Bremervörde zu fahren, denn dort beginnt die Deutsche Fährstraße. Dann sollte es die Oste entlang, durch das Kehdinger Land auf die andere Seite der Elbe gehen. Von dort ein Stück direkt an der Elbe Richtung Brunsbüttel und schließlich am Nord-Ostsee-Kanal entlang bis nach Kiel. Von Kiel wollten wir dann mit dem Zug zurück nach Bremen fahren. Das sollten so ca. 300 km sein. Bei einer so langen Anfahrt (500 km) sollte die Strecke schon eine Mindestlänge aufweisen. Die Hinfahrt klappte, bis auf einige Staus ganz gut, dauerte aber länger als gedacht. Die gebuchte Unterkunft – Pension Klostermoor – in Lilienthal entschädigte aber. Sehr ruhig und direkt am Radweg nach Bremervörde. Am Abend vor dem Start machten wir bei bestem Wetter noch einen Abstecher nach Bremen. Die Altstadt und das Schnoorviertel sind wirklich sehenswert.
1. Etappe: Von Lilienthal nach Gräpel (95 km)
Nach einem kräftigen Frühstück begann die Fahrt durch das Teufelsmoor. Die Sonne schien und der Wind hielt sich zurück. Besser gings nicht. Für die erste Etappe waren ungefähr 75 km veranschlagt. Schon auf den ersten Kilometern stellten wir fest, dass die Ausschilderung deutlich besser sein könnte. Wir fanden nicht immer sofort den direkten Weg und fuhren deshalb einige unnötige Zusatz-Kilometer. Besonders im Künstlerdorf Worpswede waren wegen umfangreicher Bauarbeiten so ziemlich alle Wegweiser verschwunden. Am späten Vormittag waren wir in Hambergen und feierten die Ankunft mit einem kleinen Pils. Der blaue Himmel vom Morgen war inzwischen einer dichten Wolkendecke gewichen und wir machten uns ernsthaft Sorgen. In Gnarrenburg fielen die ersten Tropfen und wir mussten eine Zwangspause einlegen. Bei einem leckeren Kräusen Pils beobachten wir aufmerksam die Wetterentwicklung.
Zwischen Gnarrenburg und Bremervörde setzt dann der Regen ein und wir wechseln auf Regenkleidung. Zum Glück fanden wir in einer Bushaltstelle ein trockenes Plätzchen zum Umziehen. Wir waren ungefähr 15 km vor Bremervörde und mussten langsam weiter. Unser Zeitplan geriet durcheinander. Bei leichtem Nieselregen setzten wir unsere Reise fort. Endlich erreichten wir Bremervörde. In der Fußgängerzone bekommen wir als Werbegeschenk Brillenputztücher geschenkt. Wie passend bei dem Regen. Endlich begann die Deutsche Fährstraße und damit eine wesentlich bessere Ausschilderung. Auf der Deutschen Fährstraße sollten wir alle von Menschen erdachten Möglichkeiten, einen Fluß zu überqueren, kennen lernen und in Gräpel wartete bereits die erste – eine Prahmfähre. Diese historische Fähre wird nur mit Muskelkraft betrieben. Als wir an der Fähre ankamen, mussten wir mit dem Hammer an die Glocke schlagen und dann kam der Fährmann aus dem gegenüberliegenden Gasthaus und brachte uns für 1,- € auf die andere Seite.
Unsere Unterkunft – Gasthaus Meier – war schnell gefunden. Das Zimmer war groß und sehr ruhig. Auf der Terrasse gab es einen Strandkorb und um die Ecke einen kleinen beheizten Pool. Wir hatten genug Wasser von Oben und verzichteten auf ein Bad. Mit den ganzen Umwegen sind aus den geplanten 75 km satte 95 km geworden. So war das nicht geplant. Das Essen im Gasthaus war nicht so toll wie erwartet. Bei einem kleinen Verdauungspaziergang nach dem Essen fanden wir zahlreiche HSV-Fahnen. Wir waren im HSV-Land, denn in den nächsten Tagen begegnete uns die Raute überall. Am nächsten Morgen wollten wir uns wieder auf die andere Seite der Oste bringen lassen, aber der Fährmann war erst später verfügbar. Einige Kilometer weiter gibt es noch eine weitere Prahmfähre (diesmal mit Motor) aber auch diese war erst Mittags in Betrieb. Also weiter bis zur nächsten Brücke.
2. Etappe – Von Gräpel nach Freiburg (95 km)
Noch ist das Wetter o.k. Wir finden die Brücke und können endlich auf die richtige Seite der Oste wechseln. Wir bleiben ziemlich dicht am Fluß und sehen immer wieder traumhafte Reetdach-Häuser. In Osten wartete die älteste Schwebefähre Deutschlands und ein strammer Regenguss auf uns. Wir beschließen, die ungünstige Wettersituation im Fährhaus abzuwarten. Der Wirt ist der Schutzpatron der Schwebefähren und er erzählt uns viele Geschichten aus seinem Leben. Bei einigen Bieren und einer äußerst schmackhaften Currywurst verbringen wir 90 Minuten im Fährhaus. Erst danach wagen wir uns wieder raus. Die Regenklamotten haben wir wieder an und brauchen sie auch.
Unser nächstes Ziel ist das Oste-Sperrwerk in Neuhaus. Hier fließt die Oste in die Elbe und wir wollen die Oste ein letztes Mal überqueren. Als wir das Sperrwerk nach einigen kleinen Umwegen endlich erreichen, ist die Brücke über die Oste hochgeklappt. Wir gehen davon aus, dass gerade ein Schiff das Sperrwerk passiert und wir deshalb etwas warten müssen. Leider werden wir enttäuscht, denn durch Bauarbeiten bedingt ist die Brücke an Montagen komplett gesperrt. Hätte man in Neuhaus nicht einen Hinweis anbringen können? Wir müssen also bei immer noch andauerndem Nieselregen zurück nach Neuhaus und dann über die reguläre Brücke. Wir sind restlos bedient und haben wieder ca. 15 km zusätzlich auf der Uhr.
Endlich erreichen wir das Kehdinger Land und nähern uns langsam der Elbe. Bei einem dünnen Kaffee und einem Stück Pflaumenkuchen ruhen wir uns in einem Hofladen etwas aus. Wir sind an diesem Tag wahrscheinlich die einzigen Radler, die sich bei diesem Wetter raustrauen und wir haben noch ca. 20 km. Die Sonne haben wir schon lange nicht mehr gesehen, aber wir halten durch. Wir fahren am Sommerdeich entlang Richtung Freiburg. Hier gibt es sehr viel Gegend. An einer Pumpstation treffen wir auf eine Frau, die das Akku ihres e-Bikes leerfahren will. Sie macht freundlicherweise ein Foto von uns. Jetzt ist es nicht mehr weit. In Freiburg (wieder überall HSV-Fahnen) ist der Kehdinger Hof, unser Quartier für die Nacht schnell gefunden. Ein großes Zimmer mit Südsee-Tapete erwartet uns. Die Unterkunft hatte ich im Fährhaus in Osten (mit der Schwebefähre) gebucht. Der freundliche Wirt hatte am Telefon angeboten, uns mit einem Hänger abzuholen, wenn das Wetter nicht besser werden würde. Tolles Angebot, aber diese Blöße wollten wir uns nur im äußersten Notfall geben und wir haben durchgehalten, auch wenn es manchmal auf der Kippe stand. Wir haben in der Pension gegessen und danach unseren üblichen Spaziergang gemacht. Der Regen hatte inzwischen aufgehört. Unsere Räder waren sicher in einer Garage untergestellt. Hoffentlich wird das Wetter Morgen besser.
3. Etappe: Von Freiburg nach Burg (55 km)
Das Frühstück ist sehr gut und wir nehmen nach den Erfahrungen der letzten Tage lieber ein Zusatzbrötchen mit. Auf die über Nacht getrockneten Regenklamotten verzichten wir zunächst. Donnerwetter sind wir optimistisch !! Es ist nicht weit nach Wischhafen. Dort wartet hoffentlich die große Fähre, die uns auf die andere Seite der Elbe bringen wird. Wir fahren immer am Deich entlang und haben Glück, denn die Fähre steht abfahrtbereit da. Die Überfahrt dauert über 20 Minuten. Die Fähre ist wirklich riesig und hat 5 große Sattelzüge und zahlreiche Pkws an Bord. Fahrräder haben scheinbar auf allen Fähren Vorrang. Wir durften zuerst rauf und auch zuerst wieder runter.
In Glückstadt angekommen, fahren wir immer am Deich entlang Richtung Brunsbüttel. Wir passieren zunächst das Stör-Sperrwerk. Der Wind ist deutlich aufgefrischt und wird schieben lieber über das Sperrwerk. Warum kommt der Wind denn schon wieder von Vorne? Aber wenigstens ist es immer noch trocken. Wir müssen am Deich immer wieder schlafenden Schafen ausweichen und darauf achten, die Toren hinter uns zu schließen. Wir umfahren zwischenzeitlich das Kernkraftwerk Brokdorf. Es sieht eher aus wie eine große Moschee.
Ständig gegen den Wind anzukämpfen ist anstrengend und deshalb machen wir am Deich eine kleine Pause. Feinster Sandstrand, wer hätte den hier erwartet. Das Mett-Brötchen aus Freiburg schmeckt super.
Entlang dieser Route sehen wir zahlreiche Reetdach-Villen. Eine schöner als die Andere, mit unverbaubarem Blick auf die Elbe.
Endlich, Brunsbüttel ist erreicht. Ein schnelles Foto am Ortseingang (Beweisfoto mit Genussradler-T-Shirt) und dann wartet auch schon die nächste Fähre auf uns. Alle Fähren am Nord-Ostsee-Kanal sind aufgrund uralter Verträge umsonst. Fähre fahren bis der Arzt kommt und alles für Umme.
In Brunsbüttel warteten am Hafen zwei frisch gezapfte Pils auf uns, natürlich ergänzt mit einem Fischbrötchen. Hier haben wir dann unser nächstes Quartier in Burg gebucht. Völlig überrascht war ich, als ich erfuhr, dass Burg nur noch ca. 17 km entfernt war. Ich hatte mit deutlich mehr gerechnet. Nur noch zweimal Fähre fahren und schon ist die heutige Etappe geschafft. Dachten wir.
Wir hatten bisher: Regen, Wind, fehlende Ausschilderung, geschlossene Sperrwerke, große Umwege. Was wir noch nicht hatten, war eine Panne. Diese nahmen wir uns auf dem Weg nach Burg. Unter einer riesigen Brücke war das Loch im Schlauch aber schnell gefunden und fachmännisch geflickt. Nach einer kurzen Testfahrt geht es weiter. Wir fahren nebeneinander direkt am Kanal entlang. Der Wind ist zu dieser Zeit unser Freund und schiebt uns mächtig an. Die Schiffe auf dem Kanal werden immer größer und zahlreicher. Ein tolles Gefühl, diese Riesen so nah zu erleben. Der Nord-Ostsee-Kanal ist schließlich die meistbefahrende künstliche Wasserstraße der Welt. Da kann man auch viele Schiffe erwarten. Kaum eine Stunde ist vergangen, da ist bei meiner Gattin wieder die Luft raus. Also nicht direkt bei ihr, sondern in ihrem Vorderreifen. Ich benutze diesmal eine der Sprühdosen, die ich für solche Zwecke im Gepäck habe. Ich bin echt begeistert, denn es funktioniert tatsächlich. Das Loch ist gestopft und der Reifen gleichzeitig wieder stramm aufgepumpt. Eine gute Erfindung. Es hält, bis wir wieder zu Hause sind. Das Loch war neu und der Glassplitter steckte noch im Mantel. Trotzdem hat es gehalten.
Gegen Mittag wurde es ruhiger auf dem Kanal. In Kudensee wechseln wir auf die rechte Seite und direkt in Burg wieder zurück. Unmittelbar am Fähranleger liegt das Burger Fährhaus. Unser Zimmer ist groß und sauber. Das Bad ist riesig. Leider ist das Fährhaus seit April diesen Jahres nur noch Cafe und Hotel. Abendessen bekommen wir hier deshalb nicht. Der Ort Burg ist aber nur 2 km entfernt. Nach dem Auspacken und einer Entspannungsdusche blieb sogar noch Zeit fürs Haarewaschen bzw. für ein kurzes Nickerchen. Der empfohlene Italiener hatte leider Ruhetag, aber das sollte wahrscheinlich so sein, denn wir fanden ein anderes Lokal und haben dort sehr lecker (Rindfleisch mit Meerrettichsoße + Schweinebraten mit Rotkohl) gegessen.
Mit 4 kleinen Dithmarscher Urtyp bewaffnet fahren wir zurück zum Fährhaus. Auf einer Bank direkt am Wasser wollten wir den Abend ausklingen lassen. Leider werden wir dort von einem kleinen Schauer überrascht und weichen deshalb auf die Terrasse des Fährhauses aus und beobachten die Fähre und den Kanal. Gegen 21.30 Uhr erscheint aus Richtung Kiel ein riesiges Kreuzfahrtschiff. Die Balmoral ist 217 lang und über 28 Meter breit und eine imposante Erscheinung. Das Schiff war eigentlich erst für 22.30 Uhr angekündigt. Das Glück war zurück und wir genossen die Vorbeifahrt des Riesen.
Insgesamt waren wir heute nur 55 km unterwegs und damit deutlich weniger als geplant. Da hatte ich mich aber kräftig verschätzt.
4. Etappe: Von Burg nach Kiel (102 km)
Nach einem sehr liebevoll servierten Frühstück (die Eier waren leider fast roh) spielten wir mit dem Gedanken, heute bis nach Kiel durchzufahren. Geschätzte 85 bis 90 Kilometer. Schaffen wir, haben wir schon zweimal geschafft. Der geplante Halt in dem sehr kleinen Ort Schinkel (ca. 15 km vor Kiel) wurde zu Gunsten eines interessanten Abends in Kiel in Frage gestellt. Wir waren durch so viele trostlose Orte gekommen, in denen nichts, aber auch gar nicht los war. Wir beschlossen bis zum Mittag endgültig zu entscheiden. Lieber einen schönen Abend am Hafen in Kiel verbringen, schön Fisch essen und am Morgen danach gemütlich mit dem Zug zurück nach Bremen fahren. So die Planung.
Wir kommen gut voran und sind optimistisch, Kiel noch vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen. Es regnet (noch) nicht und der Wind ist auch noch friedlich. Auf der halben Strecke nach Rendsburg machen wir an der Fähre Fischerhütte einen kurzen Boxenstopp und nehmen ein Kaltgetränk zu uns. Es ist noch nicht einmal 10.30 Uhr und das Wetter zeigt sich immer noch von seiner guten Seite. In Oldenbüttel dürfen wir endlich wieder Fähre fahren. Wir fahren nun auf der linken Seite des Kanals in Richtung Rendsburg. Kurz bevor wir in die Stadt kommen, setzt der Regen ein. Ein kräftiger Schauer zwingt uns, ein trockenes Plätzchen zu suchen und die Regensachen auszupacken. Zum Glück waren sie schnell greifbar. Bei dieser Gelegenheit stelle ich fest, dass mein Rucksack von unserem Kaffeeweisser geflutet wurde. Das weiße Zeug ist überall. Ich versuche die wichtigsten Sachen grob zu reinigen, vor allem den Kocher, aber es gelingt mir nur bedingt.
Rendsburg ist für seine große Schwebefähre bekannt und genau im Restaurant unterhalb der Fähre machen wir Pause, trinken und essen etwas und buchen ein Hotel in Kiel. In meinem ursprünglich geplanten Hotel war leider nichts mehr frei, aber über die Touristeninformation bekam ich noch ein Zimmer im Zentrum von Kiel. Aber noch sind wir in Rendsburg, es ist 14.00 Uhr und Kiel noch weit.
In Schacht-Audorf, kurz hinter Rendsburg, gönnen wir uns noch eine weitere kostenlose Fahrt mit der Fähre, um einige wenige Kilometer weiter in Sehestedt wieder zurück auf die linke Seite zu wechseln. Auf der ersten Fähre haben wir die Regenkleidung noch an, aber in Sehestedt können wir sie kurzfristig ausziehen. Es ist sehr angenehm wenigstens eine Stunde mal ohne diese Gummihaut zu fahren. Ich schwitze darunter furchtbar und werde mir demnächst wohl einen luftigen Regenponcho zulegen.
Kurz vor Schinkel überrascht uns ein Gewitter. Wir finden in der Einfahrt eines alten Gutshofs ideale Bedingungen für einen Kleidungswechsel. Warten und den Himmel beobachten, viel mehr können wir im Augenblick nicht tun, denn es geht so langsam auf 16.30 Uhr zu und wir sind noch nicht in Kiel. Irgendwann fahren wir weiter, müssen aber aufpassen, nicht zu schnell zu sein, denn die Regenwolke ist auch in Richtung Kiel unterwegs. Der Himmel lockert langsam auf und wir erreichen Kiel Holtnau. Hier sind die großen Schleusenkammern und der Beginn des Nord-Ostsee-Kanals. Vor den Schleusen warten viele Schiffe darauf, in die Ostsse zu gelangen. Wir fahren wieder Fähre und erreichen das Ufer der Kieler Förde. Ungefähr 10 km sind es noch bis ins Zentrum.
Am Orteingang machen wir erstmal eine Pause, um uns nach dem Weg zu erkundigen. Unnötige Kilometer wollen wir jetzt unbedingt vermeiden. Nach der Erfrischung wissen wir, wo unser Hotel ungefähr liegt. Wir fahren an der Kieler Förde entlang Richtung Innenstadt. An der Ostseehalle (hier spielt der THW-Kiel) liegt das Hotel. Von Außen macht es eher den Eindruck einer Absteige. Ich gehe zur Rezeption. Unsere Reservierung über die Touristen-Info ist dort angekommen. Wir haben ein Zimmer. Aber für unsere Räder ist keine sichere Unterkunft vorhanden. Ich hatte das bei der Reservierung extra angegeben. Wir sind skeptisch. Wo sind wir hier hingeraten? Es gibt ja einige Städte, bei denen das Bahnhofsviertel nicht zu den Besten gehört. Ich schaue mir das Zimmer an und kann Entwarnung geben. Es ist klein, aber sauber. Das Bett ist etwas klein, aber für eine Nacht wird es schon gehen.
Wir duschen und hängen unsere Klamotten zum Trocknen auf. Danach wollen wir lecker Essen gehen, denn wir haben es uns redlich verdient und mit der heutigen Etappe einen neuen Allzeit-Rekord aufgestellt – 101,82 km.
Ein Fischrestaurant hatten wir uns vorgestellt. Wir sind zwar direkt im Zentrum, finden aber keine geeignete Lokalität und es wird immer später. Schließlich landen wir bei einem Spanier. Dort braucht schon das Bier eine halbe Stunde. Egal, wir müssen etwas Essen. Nudelpfanne und Gemüseteller geht immer und dazu vorweg ein Gruß aus der Küche. Wir werden satt.
Danach machen wir noch einen kleinen Spaziergang zum Hauptbahnhof, um die Zugverbindungen für Morgen rauszusuchen. Dabei stellt sich heraus, dass der Zug nach Bremen, den ich nehmen wollte, leider nur einmal pro Tag fährt. Wir merken uns den Zug um 8.21 Uhr mit Umsteigen im Hamburg.
Danach gehts zurück zum Hotel. Unsere Räder stehen traurig und ängstlich vor der Ostseehalle. Ich beschließe, unsere „Babys“ über Nacht bei uns ins Treppenhaus zu stellen. Sollen sie doch meckern, wichtig ist nur, dass Morgen früh noch alle Teile dran sind.
Wir schlafen irgendwann ein. Nachdem alle Bewohner zu Hause sind, ist es auch recht ruhig. Am Morgen sind wir schon sehr früh wach. Nach einem ersten Kaffee wird gepackt. Es ist noch sehr früh und wir machen wir einen kurzen Spaziergang durch die Fußgängerzone. Bei dieser Gelegenheit stelle ich unsere Räder wieder vor das Hotel. Es hat niemand gemerkt, dass sie im Flur standen. Es ist noch alles dran. Das Frühstück im Nachbargebäude ist sehr gut und reichlich. Danach wird ausgecheckt. Wir fahren mit Gepäck zum Bahnhof, um den Zug um 8.21 Uhr zu bekommen. Ich muß nur noch die Karten kaufen und einen Platz für die Räder reservieren. – Hatte ich gehofft.
Der Mann im Service-Center hat sich fast kaputt gelacht, als ich für die Räder eine Reservierung wollte. „So etwas macht man doch mindestens drei Monate im Voraus“, sagte er. Der von mir gewählte Zug hat nämlich nur 8 Stellplätze und die waren natürlich alle reserviert. Kurzum, wir mußten einen Zug später nehmen, in dem keine Reservierungen notwendig sind. Komisch, da waren fast allein.
Wir nutzten die zusätzliche Wartezeit mit einem Ausflug ans Wasser. Leider fing es wieder einmal an zu regnen. Wir fahren zurück zum Bahnhof und ich entdecke beim Bäcker eine leckere Rumkugel, die ich schon lange nicht mehr gesehen hatte. Zu meiner großen Freunde schmeckte sie genau wie früher. Dann fuhren wir frühzeitig zum Bahnsteig, denn der Kieler Hauptbahnhof ist ein Sackbahnhof und unser Zug wartete schon. Die Fahrt nach Hamburg verlief ohne Probleme und die Zeit ging schnell vorbei.
In Hamburg mußten wir das Gleis wechseln. Über einen Fahrstuhl erreichten wir schnell die große Wandelhalle. Wir hatte eine gute halbe Stunde Zeit, um unseren Anschluß nach Bremen zu erreichen. Als wir auf dem Bahnsteig ankamen, wartete der Zug schon. Auch hier waren wir fast allein im Zug. Bis zur Abfahrt war noch genug Zeit und ich kaufte oben in der Wandelhalle noch schnell einen Milchreis mit Früchten – wie früher. Auch unsere Fahrt nach Bremen war schnell vorbei.
Vom Hauptbahnhof nach Lilienthal waren es dann noch 11 km und wir unterbrachen die letzten Kilometer nur noch mit einem Imbiss bei einem Chinesen und einem Einkauf bei Aldi-Nord. Hier gibt es einen tollen Senf und Nordsee-Krabbensalat.
Gegen 14.45 Uhr erreichen wir Lilienthal. Unser Auto erwartet uns schon. Freundlicherweise durften wir das Auto hier auf dem videoüberwachten Parkplatz abstellen. Schnell sind die Räder auf den Dach und das Gepäck im Kofferraum und wir abfahrtbereit.
Wir erreichen schnell die A 27, aber der Tank ist fast leer. Ich fahre dazu auf eine Raststätte, um zu tanken. Nach dem Bezahlen werde ich von zwei jungen Mädchen angesprochen. Sie wollten nach Köln und ob ich sie mitnehmen könnte. Ich erklärte ihnen, dass mich meine Fahrt nicht Richtung Köln, sondern nach Frankfurt führen würde. Die eine kam aus Spanien und die andere aus Portugal. Ich bot an, sie bis Allertal mit zu nehmen. Dort würden sie bessere Chancen auf eine Fahrt Richtung Köln haben, als hier. Wir setzten sie in Allertal ab, und fanden bei dieser Gelegenheit sogar noch eine Weiterfahrt nach Köln für die Beiden. Vielen Dank an das nette Kölner Ehepaar. Gegen 21.00 Uhr waren wir zu Hause.
Fazit: Bei diesem Sommer kann alles passieren. Radtouren machen, besonders für Genussradler, bei Regen und Wind nicht immer Spaß. Die Route durch das Teufelsmoor war schlecht ausgeschildert, aber die Landschaft und die vielen Reetdach-Häuser waren super. Am NOK war es wunderschön, aber es gab leider sehr wenige Möglichkeiten, mal einzukehren. Unsere Unterkünfte waren alle, bis auf Kiel, wirklich zu empfehlen. Wir sind durch verschiedene Umstände statt ca. 300 km nun fast 370 km gefahren und das war eindeutig zu viel. Wahrscheinlich werden wir erst mit etwas Abstand wissen, wie schön und interessant es eigentlich war.
Ende